Infos zur Aufarbeitungsstudie „Sexueller Missbrauch“
Großes Interesse am Informationsabend zur Missbrauchsstudie
Sehr ernste Töne waren im Musikerheim zu hören, das bis auf den letzten Platz gefüllt war. Es ging um die im Mai veröffentlichte Missbrauchsstudie der Universität Mannheim und den darin namentlich genannten, in der Pfarrei Hl. Theodard als Seelsorger wirkenden Prälat Alfons Henrich.
Ein Thema, das uns alle betrifft
Begrüßt wurden die Anwesenden von Pfarrer Kolb sowie Vertretern des Bistums Speyer. Generalvikar Markus Magin machte deutlich, dass es sich nicht um ein Randthema handle, da es in Deutschland in allen gesellschaftlichen Schichten und Gruppen jährlich allein 18.000 polizeilich angezeigte Fälle sexuellen Missbrauchs gäbe. Die unabhängige Studie des Mannheimer Forscherteams beleuchtet systemische Ursachen und benennt auch Verantwortliche. Im Mai wurde ein erster Teil veröffentlicht, in dem das Jugendwerk St. Josef in Landau eine wichtige Rolle spielt.
Vorwürfe gegen Alfons Henrich
Die Interventionsbeauftragte des Bistums, Hanna Wachter, führte aus, dass aus den 1960erund 70er-Jahren 16 Meldungen von Gewalt und Missbrauch im Jugendwerk gemeldet wurden, mittlerweile wären noch mehr eingegangen. In der Studie wird Henrich als Verantwortlicher genannt, der Übergriffe nicht verhindert hat. Zwei Betroffene beschuldigen ihn direkt schwerer Straftaten, darunter Vergewaltigung. Eine daraufhin erhobene Anzeige führte nicht zu Ermittlungen, wie immer, wenn der Fall bereits verjährt war. Alfons Henrich hat die Anschuldigungen bestritten. Ab 2010 hatte er ein Betretungsverbot für das St-Josefswerk und Auflagen im Umgang mit Minderjährigen, von denen weder in der Pfarrei noch in den Gemeinden jemand etwas wusste.
Generalvikar Magin entschuldigte sich für dieses Versagen der Administration, dessen Gründe sich nicht mehr aufklären ließen und führte aus, dass es mittlerweile ein bischöfliches Gesetz gäbe, wie in solchen Fällen zu verfahren sei.
Zwischen Glauben und Zweifel
Im Saal meldeten sich Menschen zu Wort, die Henrich über Jahrzehnte erlebt hatten und ihm diese Taten nicht zutrauten. Sie beschrieben ihn als “durch und durch guten Menschen” und als “echten Christen”, der sich für die schwer erziehbaren Jugendlichen eingesetzt und viel Gutes bewirkt hatte. Ebenso wurde der Teil der Studie kritisiert, in der von der von den Jugendlichen genutzten gewaltlastigen Sprache, z. Teil aus Büttenreden auf die Realität geschlossen wurde.
Andere wiederum hielten dagegen: Gerade in seiner Führungsrolle habe er Verantwortung getragen, das Leid nicht verhindert und sei eines schweren Verbrechens beschuldigt, das nicht mehr geklärt werden kann. Der Kuhardter Bürgermeister Christian Schwab betonte, der Stachel sitze tief, weil Henrich nie über die Anschuldigungen und die Auflagen ihm gegenüber gesprochen hatte. Für die Zukunft helfe nur Transparenz und Offenheit.
Der Generalvikar verstand den legitimen Wunsch nach Gewissheit darüber, was nun tatsächlich passiert war, doch die konnte er nicht bieten.
Für die Betroffenen
“Warum sind wir hier? Was ich nicht denken kann, werde ich auch nicht sehen – wenn ich es mir nicht vorstellen kann, werde ich die Anzeichen nicht wahrnehmen”. Es ginge darum, Bewusstsein zu schaffen, um für die Zukunft entsprechend zu reagieren, wenn jemand, der betroffen ist, sich öffnet. Unter den Anwesenden war ein Betroffener, der extra 25 km weit angereist war, und berichtete, dass er über 40 Jahre gebraucht hat, bis er darüber reden konnte. Sein Vater sei kirchlich sehr engagiert gewesen und mit dem Pfarrer, um den es ging, auch persönlich befreundet gewesen. Man solle sich vor Augen halten, was es mit einem mache, wenn einem niemand glaubt.
Erinnerung und Zeichen
Generalvikar Magin erinnerte daran, dass es keine angemessene Entschädigung für ein zerstörtes Leben gebe, daher hieße es auch nicht “Entschädigungszahlung, wie es im Volksmund heißt, sondern Antrag auf Anerkennung des Leids. Manche Betroffene stellten diesen Antrag, andere wollten das nicht. Aber es hat die Bedeutung: „Wir glauben dir.“
Zum Abschluss stellte Frau Roters vom Pfarreirat eine Kerze mit dem Symbol einer schützenden Hand vor. Sie soll in der Kuhardter Kirche einen besonderen Platz finden – als Zeichen der Mahnung und des Gedenkens. Der Generalvikar dankte allen für die Teilnahme an diesem Abend, entzündete die Kerze und bat im Gebet um das sichere Aufwachsen unserer Kinder.
Martina Roters, stellvertretende Pfarreiratsvorsitzende